Obstsorten eigenhändig vermehren
Der Frühling steht vor der Tür und schon bald brechen die Knospen auf. Die beste Zeit also, einen Obstbaum und die essbare Vielfalt zu vermehren. Äpfel und Birnen veredeln – wie geht das? Und warum veredelt man einen Obstbaum?
Fast alle Apfelsorten, die wir kennen, sind Kulturpflanzen, die wir Menschen seit Jahrhunderten durch Schnippeln und Pfropfen vermehren. Von den über 2000 Apfelsorten, die es in Deutschland gibt, haben Sie vielleicht auch schon mal den einen oder anderen Lieblingsapfel gekostet und gedacht: Wie schön wäre es, aus dem Apfelkern ein Bäumchen heranzuziehen, an dem einmal genau dieser Lieblingsapfel heranreift. Aber ganz so einfach ist es nicht.
Früchte und Baum verhalten sich genetisch wie Kinder zu ihren Eltern. Zum Erhalt einer liebgewonnenen Obstsorte müssen wir daher die Mutterpflanze vermehren. Hierbei handelt es sich - und dazu braucht es kein Frankensteinlabor oder Studium der Genetik - um das uralte Handwerk des Klonens bzw. Veredelns.
Zunächst brauchen wir einen Edelreiser, also einen einjährigen Trieb, am besten einen geraden Schosser, den wir aus der oberen Baumpartie unseres Wunschbaums herausschneiden. Dieser enthält alle für die Vermehrung notwendigen Erbinformationen, allerdings fehlt ihm zum Wurzelschlagen noch eine sogenannte Unterlage, die mit der Wunschsorte möglichst eng verwandt und gut an den Pflanzstandort angepasst sein sollte.
Als Unterlage eignet sich für den Apfel z.B. die Sorte Bittenfelder Sämling, ein selbst oder von der Baumschule gezogener Jungbaum, dem man im Frühjahr die zarte Krone abschneidet - oder die im Winter eingekürzte Krone eines mehrjährigen Apfelbaums.
Letztere sogenannte Kronenveredelung hat zwei interessante Vorteile: mit ihr lassen sich gleich mehrere Sorten auf einmal veredeln und der Baum stellt bei gut durchdachter Sortenwahl auf Selbstbefruchtung um. Dies kann besonders dann sinnvoll sein, wenn kein Pollenspender in der Nähe steht und die Bienen zum Nektarsammeln und Bestäuben, statt in deinem Obstbaum, lieber im benachbarten Rapsfeld um die Wette summen.
Den etwa bleistiftstarken Edelreiser, mit möglichst kurzen Knospenabständen, schneiden wir in der Zeit der Winterruhe, wobei die Temperaturen nicht weit unter dem Gefrierpunkt liegen sollten. Bis März sollte der Reiser dann bei etwa 5°C mit der Schnittstelle in feuchter Erde gelagert und noch vor dem Knospenaustrieb veredelt werden.
Haben Sie sich schon mal näher mit der Kulturtechnik des Veredelns beschäftigt und eigene Obstbäume, Sträucher oder Kräuter geklont? Teilen Sie Ihre Eindrücke und Erfahrungen mit uns!
Dieser Beitrag entstand in Zusammenarbeit mit dem Kerngehäuse e.V.
Zum Autor des Gastbeitrags:
Jörg Kösters ist Projektmitarbeiter der Kompetenzstelle Streuobst im Naturpark Niederlausitzer Heidelandschaft. Für mineralquellen.de schreibt er regelmäßig Beiträge zu aktuellen Streuobstthemen, die sich mit den vielfältigen Aktivitäten des Kerngehäuse e.V., unserem Kooperationspartner im Süden Brandenburgs, verbinden. Weitere Informationen unter www.essbarer-naturpark.de.
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